Prof. Dr. Dr. Pompiliu Piso

Qualität in der onkologischen Chirurgie

Am 20. Januar 2021 startet der interdisziplinäre Onlinekongress „Quality of Cancer Care“ (QoCC) der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren (ADT). Unter dem Motto „Qualität in der onkologischen Chirurgie“ bietet die Konferenz für einen Monat digitale Tutorials, Posterwalks sowie spannende Vorträge. Im Interview spricht Professor Pompiliu Piso, Vorsitzender der Assoziation Chirurgische Onkologie (ACO) in der DKG, über den Kongressschwerpunkt onkologische Chirurgie.

Herr Professor Piso, warum dieser Fokus auf die onkologische Chirurgie?
Medien berichten häufig über Durchbrüche in der medikamentösen Tumortherapie. Dabei wird übersehen, dass 80 Prozent aller Krebspatient*innen im Laufe ihrer Erkrankung operiert werden. In frühen Tumorstadien ist die OP oft die einzige Chance auf Heilung, eine schlechte OP lässt sich durch andere Therapien kaum kompensieren. Deshalb ist die Qualität in der onkologischen Chirurgie so wichtig.

Wo steht die onkologische Chirurgie derzeit?
Es wird mehr minimal-invasiv operiert und die OP-Planung hat sich verbessert. Dadurch sind nicht nur die Komplikationsraten und die Sterblichkeit zurückgegangen, sondern auch die Raten kurativer Resektionen gestiegen. Mittlerweile ist die Chirurgie auch bei der Behandlung metastasierter Stadien etabliert. Außerhalb von spezialisierten Zentren ist die Sterblichkeit bei manchen komplexen Eingriffen, zum Beispiel im Bereich von Speiseröhre oder Pankreas, trotzdem noch zu hoch.

Wir brauchen also mehr onkologisch-chirurgische Forschung?
Richtig. Weniger als ein Prozent der Patient*innen in Europa werden derzeit in chirurgisch-onkologischen Studien eingeschlossen. Das liegt zum Teil an der mangelnden Finanzierung: Das Sponsoring durch Pharmaunternehmen, wie in der Arzneimittelentwicklung üblich, entfällt bei chirurgischen Studien. Außerdem lässt die hohe Arbeitsbelastung für Operateure oft wenig Zeit für Forschung. Dennoch ist die Forschungsmotivation sehr hoch und gerade in der Onkologie bietet sich die Bildung interdisziplinärer Netzwerke an, in denen Chirurg*innen gemeinsam mit anderen Expert*innen eine Forschungsidee verfolgen.

Gibt es solche Kooperationen?
Ja, etwa die geplante Studiengruppe Viszeralonkologie, ein gemeinsames Projekt der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO) der DKG und der Assoziation Chirurgische Onkologie (ACO). Dort sind Chirurg*innen von Beginn an und auf Augenhöhe am Konzept einer Studie beteiligt.

Wie steht es um die Versorgungsqualität in der onkologischen Chirurgie?
In Deutschland weisen mittlerweile mehr als 1000 Zentren eine DKG-Zertifizierung auf. An diesen Zentren treffen sich alle an der Behandlung beteiligten Fachrichtungen regelmäßig zu interdisziplinären Tumorkonferenzen Wer dort operiert, muss in der jeweiligen Krebsart erfahren sein und bestimmte Qualitätsindikatoren erfüllen. Diese Spezialisierung ist die Zukunft. Dennoch brauchen wir Versorgungsforschung, um flächendeckend mehr über Qualitätsunterschiede in der chirurgischen Versorgung zu erfahren. Durch das StuDoQ-Register der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) haben wir sehr viele Erkenntnisse gewinnen können. Wir müssen überlegen, wie alle Register zur Wissensgenerierung beitragen können. Auch das ist Thema beim QoCC.

Wie gut sind Chirurg*innen für die besonderen Anforderungen der Onkologie gerüstet?
Sie sind sehr gut ausgebildet und genießen international einen sehr guten Ruf. Darüber hinaus hat die ACO gemeinsam mit der European Society of Surgical Oncology ein einjähriges Curriculum zur Chirurgischen Onkologie entwickelt, das auf dem QoCC vorgestellt wird. Wir hoffen, dass sich das Curriculum als Standard in Deutschland etabliert.

Vielen Dank für das Gespräch.

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