Der Qualitätszyklus

Der Qualitätszyklus in der Onkologie - Bausteine und Akteure
Quelle: Bereich Zertifizierung der Deutschen Krebsgesellschaft

Leitlinien

Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Leistungserbringer*innen und Patient*innen zur angemessenen Vorgehensweise bei speziellen Gesundheitsproblemen. Sie stellen ein wesentliches Instrument zur Förderung von Qualität und Transparenz medizinischer Versorgung dar. Hauptziel medizinischer Leitlinien ist es, unter Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcen gute klinische Praxis zu fördern und die Öffentlichkeit darüber zu informieren. Leitlinien haben dabei konkret die Aufgabe, wissenschaftliche Evidenz und Praxiserfahrung zu speziellen Versorgungsproblemen explizit darzulegen und zu bewerten sowie die Entscheidung von Ärzt*in und Patient*in unter Abwägung von Nutzen und Schaden im Behandlungsfall zu unterstützen.

Leitlinienprogramm Onkologie

Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF), die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG) und die Stiftung Deutsche Krebshilfe (DKH) haben sich im Leitlinienprogramm Onkologie das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung und Fortschreibung und den Einsatz wissenschaftlich begründeter und praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen. Die Basis dieses Programms beruht auf den medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen der Fachgesellschaften und der DKG, dem Konsens der medizinischen Fachexpert*innen, Anwender*innen und Patient*innen sowie auf dem Regelwerk für die Leitlinienerstellung der AWMF und der fachlichen Unterstützung und Finanzierung durch die Deutsche Krebshilfe.
Evidenzbasierte Leitlinien aus dem Leitlinienprogramm Onkologie sind ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements in der Onkologie. Sie dienen nicht nur dem strukturierten Wissenstransfer, sondern können auch in der Gestaltung der Strukturen des Gesundheitssystems ihren Platz finden. Zu erwähnen sind hier evidenzbasierte Leitlinien als Grundlage zum Erstellen oder Aktualisieren von Disease Management Programmen oder die Verwendung von aus Leitlinien extrahierten Qualitätsindikatoren im Rahmen der Zertifizierung von onkologischen Zentren.

Qualitätsindikatoren

Aus evidenzbasierten Leitlinien werden Indikatoren für Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität abgeleitet, an denen die Qualität der Versorgung gemessen werden kann. Diese Qualitätsindikatoren dienen einerseits dem internen Qualitätsmanagement der medizinischen Einrichtung und andererseits der Standortbestimmung im Vergleich mit anderen Einrichtungen (externe Qualitätssicherung). Der günstige Einfluss von Leitlinien auf die Prozess- und Ergebnisqualität im Gesundheitswesen ist mittlerweile ausreichend wissenschaftlich belegt.

Qualitätsindikatoren als Basis für die Zertifizierung

Die Implementierung der evidenzbasierten Leitlinien in die Anforderungskataloge der zertifizierten Zentren ist ein zentraler Bestandteil des Zertifizierungssystems der Deutschen Krebsgesellschaft: Die aktuellen evidenzbasierten Behandlungsempfehlungen aus den Leitlinien sind in den Anforderungskatalogen für die Zentren integriert, und ihre Anwendung wird in den Audits jährlich kontrolliert. Die Anwendung dieser Empfehlungen wird im Zertifizierungsprozess in Form von Kennzahlen dokumentiert – die dadurch ermöglichte Auswertung kann zur Qualitätsverbesserung im Zentrum genutzt werden.

Zertifizierte Zentren

Ein zertifiziertes Zentrum ist ein qualitätsüberprüftes Netzwerk, in dem die gesamte Behandlungskette für Patient*innen abgebildet ist und das hohen Qualitätsanforderungen genügt. So ist sichergestellt, dass von der Diagnose über die Behandlung, stationär und ambulant, bis zur Nachsorge die Patient*innen bestmöglich versorgt werden. Sichtbar ist diese Zusammenarbeit des Netzwerks beispielsweise in den interdisziplinären Tumorkonferenzen, in denen die Patient*innen vorgestellt und mit allen Behandlungspartner*innen besprochen werden.

Zertifizierungssystem der Deutschen Krebsgesellschaft

Krebserkrankungen sind komplex: Sie können unterschiedliche Körperbereiche betreffen, sie lassen sich mit verschiedenen, häufig sehr langwierigen Therapieansätzen behandeln und sie greifen nachhaltig in das gewohnte Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen ein. Die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG) hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, die Betreuung von Krebspatient*innen zu verbessern und ihnen in jeder Phase ihrer Erkrankung eine Behandlung zu ermöglichen, die sich an hohen Qualitätsmaßstäben orientiert. Seit 2003 weist die DKG zertifizierte Krebszentren aus, die Qualität für alle Schritte bei der Diagnostik und Behandlung einer Krebserkrankung gewährleisten können. An dem Gütesiegel „Zertifiziertes Zentrum“ können sich Betroffene und Angehörige orientieren, wenn sie sich für einen Behandlungsort entscheiden. Alle DKG-zertifizierten Zentren gibt es auf oncomap.de.

Auswertung: OncoBox Research

Die Anwendung der Empfehlungen aus evidenzbasierten Leitlinien wird im Zertifizierungsprozess in Form von Kennzahlen dokumentiert. Die von den Zentren dokumentierten Versorgungsdaten dienen zur Überprüfung der Behandlungsqualität zertifizierter onkologischer Einrichtungen. In Kombination mit den Daten aus klinischen Krebsregistern ergibt sich ein enormes Potenzial für Forschungsinitiativen, nicht nur für klassische Versorgungsforschung, sondern auch für Projekte, die Interventionen in strukturierten Versorgungseinrichtungen zulassen. Dieses Potenzial kann mithilfe einer Datenbank, der OncoBox Research (OBR), genutzt werden. Mittels OBR können Datensätze für Forschungsfragen generiert und die Daten aus dem Zertifizierungssystem mit denen der klinischen Krebsregistrierung verbunden werden. Die OBR ist ein Folgeprojekt der OncoBox. Die OncoBox wird bereits von Brust-, Darm- und Prostatakrebszentren genutzt, um Tumordokumentationsdaten einzelner Zentren für die Zertifizierung in ein einheitliches und vergleichbares Format umzuwandeln und eine Qualitätssicherung während der Datenerfassung zu gewährleisten. Derzeit liegen Daten aus der OncoBox in aggregierter Form vor. Um die wissenschaftliche Nutzung dieser Daten zu ermöglichen, werden in der OBR die individuellen Angaben von Patient*innen erfasst. Dadurch kann eine Vielzahl an Fragestellungen betrachtet werden, beispielsweise wie stark und aufgrund welcher Merkmale die Leitlinienadhärenz zwischen Patientengruppen und Zentren variiert (Casemix-Adjustierung).

Krebsregistrierung

Wie häufig ist Krebs in der Bevölkerung? Welche Therapien bekommen Krebspatienten und wie verläuft ihre Krankheit? Solche Informationen sind wichtig für Wissenschaftler, Ärzte und Patienten, aber auch für die Gesundheitspolitik. Sie ermöglichen es zum Beispiel, den Erfolg von Früherkennungsmaßnahmen zu überprüfen und die Qualität verschiedener Behandlungsansätze zu vergleichen. Epidemiologische Krebsregister erfassen, wie häufig Krebs in Deutschland ist. Klinische Krebsregister geben Aufschluss über die Versorgung der Patienten. Solche Daten sollten möglichst vollständig sein, damit die Ergebnisse aussagekräftig werden. Trotzdem muss der Datenschutz gewährt bleiben.
Epidemiologische Register zählen die Krebshäufigkeit in einer bestimmten Region. 1995 verpflichtete das Bundeskrebsregistergesetz erstmals alle Bundesländer, flächendeckend bevölkerungsbezogene Krebsregister einzurichten, entsprechende Gesetze auf Länderebene folgten.
Bei den klinischen Registern bildet die Einrichtung, in der jemand behandelt wird oder in der die Nachsorge erfolgt, die Grundlage der Datenerfassung. Die behandelnden Ärzte im Krankenhaus oder der Praxis dokumentieren den gesamten Verlauf einer Krebserkrankung und die Therapien, die ein Patient zu unterschiedlichen Zeitpunkten erhält. Diese Daten fließen in den klinischen Krebsregistern zusammen. Gesetzliche Grundlage ist das 2013 in Kraft getretene Krebsfrüherkennungs- und registergesetz (KFRG). In den letzten Jahren haben die klinischen Krebsregister eine wachsende Bedeutung für die Qualitätssicherung der onkologischen Versorgung erlangt. Die so gewonnenen Daten zur Versorgung von Krebspatienten sollen regelmäßig landesweit ausgewertet werden, alle fünf Jahre auch bundesweit. (Quelle)

Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren

Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren e. V. (ADT) vertritt die Interessen von Tumorzentren und klinischen Krebsregistern und unterstützt diese mit dem Ziel, die Qualität in der Onkologie weiter zu verbessern. Als Mitinitiatorin des Nationalen Krebsplans und Einführung des bundesweit einheitlichen onkologischen Basisdatensatzes (ADT/GEKID) nimmt die ADT vielfältige übergeordnete Aufgaben wahr. Mit Umsetzung des Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz (KFRG) und dem Ausrufen einer Nationalen Dekade gegen Krebs durch die Bundesregierung werden für die onkologische Versorgung und Krebsforschung aktuell wichtige Weichen gestellt, die von der ADT mitgestaltet werden, um die Herausforderungen der Versorgung und der modernen Krebsmedizin zu meistern.

Schnittstelle zu Leitlinien

Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren (ADT) unterstützt die Arbeit der klinischen Krebsregister auf vielfältige Weise. Hierdurch wird die klinische Krebsregistrierung mit ihren Ergebnissen direkt in die interdisziplinäre Versorgung einbezogen und wird zum wesentlichen Motor für Versorgungstransparenz, Qualitätsverbesserung, Wissen generierender Behandlung und Forschung. Darüber hinaus stehen die behandlungsbezogene Verlaufsdokumentation von Krebsbehandlungen in interdisziplinären Netzwerken, die Darstellung der Ergebnisqualität und die standardisierte Rückmeldung an die Leistungserbringer*innen im Fokus der ADT. Die ADT ist überzeugt, dass durch einen iterativen Kreislauf von Datenerfassung, Auswertung, Messung der Ergebnisqualität, Rückmeldung und Entwicklung von Verbesserungsstrategien gemeinsam mit Leistungserbringer*innen, ggf. auch mit Forscher*innen und politischen Vertreter*innen inkrementell eine Qualitätsverbesserung in der onkologischen Versorgung erreicht werden kann. Grundlage hierfür sind auch die aus S3-Leitlinien entwickelten Qualitätsindikatoren.

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